Eine Zutatenliste lesen zu können klingt für viele Leute wie eine Selbstverständlichkeit. Und davon einmal abgesehen: wer möchte sich darüber den Kopf zerbrechen? Zutatenlisten schaffen schließlich Transparenz, oder?
Ja und nein. Lebensmittelhersteller sind qua Gesetz dazu verpflichtet, die Zutatenliste und Nährwertangaben wahrheitsgetreu anzugeben. Das hält Unternehmen jedoch nicht davon ab, irreführende Angaben und Werbeversprechen zu machen oder angeblich “zuckerfreie” Produkte mit Maltodextrin oder Glucose-Fructose-Sirup anzureichern.
In diesem Artikel möchten wir euch Tipps und Empfehlungen geben, die euch dabei helfen können, beim Einkauf bessere und informierte Entscheidungen zu treffen. Für eine gesundheitsorientierte Ernährung ist das richtige Lesen und Interpretieren von Zutatenlisten ein essenzieller “life skill” und damit genauso wichtig wie Kochen. Und die Fähigkeit, Nährwertangaben zu verstehen und daraus die entsprechenden Konsequenzen für die eigene Einkaufsliste zu ziehen ist ebenfalls unentbehrlich. Wenn das Sprichwort “du bist was du isst” zutrifft, dann ist es garantiert hilfreich, zu wissen, was wir denn da eigentlich zu uns nehmen. Ist der Fruchtjoghurt wirklich so “zuckerfrei” wie der Hersteller angibt? Und was steckt wirklich in vielen dieser fettreduzierten Produkte? Ein genauer Blick lohnt sich!
Die traurige Wahrheit ist: manche Lebensmittelhersteller nehmen unsere Gesundheit nicht halb so ernst wie ihre Gewinnmarge. Zucker in seinen vielen Formen, von Haushaltszucker über Maltodextrin bis hin zu Glucose-Fructose-Sirup und mehr, ist erheblich billiger als höherwertige und gesündere Zusätze. Dasselbe gilt für billige Pflanzenfette wie gehärtetes Palmöl oder Sojaöl, die ebenfalls nicht gesundheitsförderlich sind. Das sind nur einige Beispiele dafür, was in verarbeiteten Lebensmitteln so alles stecken kann, von diversen Farb- und Konservierungsstoffen einmal ganz zu schweigen.
Als Grundformel gilt, dass die Zutatenliste in absteigender Reihenfolge angibt, welche Zutaten in welcher Menge in einem Lebensmittel enthalten sind. In Keksen beispielsweise beginnt diese Liste oftmals mit “Weizenmehl, Zucker etc.”. Diese Listen können, je nach Lebensmittel und nach Grad der industriellen Verarbeitung, erschreckend lang ausfallen und neben billigen Zuckern und Speisefetten allerlei Zusatzstoffe – die berühmt-berüchtigten E-Nummern – enthalten. Manche dieser Zusatzstoffe sind unbedenklich, etwa Curcumin (gewonnen aus der Kurkumawurzel) oder Ascorbinsäure (ein anderer Name für Vitamin C). Andere Stoffe hingegen sind synthetisch, darunter verschiedene Süßstoffe sowie diverse Verdickungsmittel, Farb- und Konservierungsstoffe.
Nach dem Blick auf die Zutatenliste lohnt sich die genauere Lektüre der Nährwerttabelle. Hier findet ihr neben dem Brennwert, also den Kilokalorien, die alternativ auch in einer anderen Maßeinheit, nämlich Kilojoule angegeben werden auch alles Wichtige über Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette. Das ist nicht nur für figurbewusste Leser interessant, sondern auch für Sportler und gesundheitsorientierte Menschen im Allgemeinen.
Auch hier wird von der Lebensmittelindustrie gerne so Einiges verschleiert. Das Paradebeispiel ist Zucker. Nehmen wir noch einmal das Beispiel Fruchtjoghurt. Da Joghurt aus Milch hergestellt wird enthält er natürlichen Milchzucker (Lactose), was sich im Kohlenhydratgehalt widerspiegelt. Gesüßter Joghurt enthält jedoch in der Regel erhebliche Mengen an Extrazucker, besonders dann, wenn es sich um ein fettreduziertes Produkt handelt. Denn Fett ist ein zentraler Geschmacksträger, was bedeutet, dass Lebensmittelhersteller regelmäßig auf Zucker zurückgreifen, um das Geschmackserlebnis zu verbessern. Die Konsequenz davon ist, dass viele Konsumenten wissentlich oder unwissentlich enorme Mengen an Zucker zu sich nehmen, ohne zwangsläufig Produkte zu kaufen, die generell als ungesund betrachtet werden. Joghurt mit Fruchtgeschmack klingt ja erst einmal harmlos. Die Realität ist aber, dass derartige Produkte oft mit allerlei ungesundem Füllmaterial gestreckt werden, um die Produktion billig zu halten und das Geschmackserlebnis besser zu machen.
Auch bei den Fetten und Eiweißen ist es immer gut, noch einmal genau hinzuschauen und die Angaben mit der Zutatenliste abzugleichen. Manchmal ist es erschreckend zu sehen, wie stark sich bestimmte Zutaten in der Nährwerttabelle niederschlagen. Bei Schlagwörtern wie „fettreduziert“ oder „zuckerfrei“ solltet ihr immer die Augen offenhalten.
Was machen wir nun mit diesen Erkenntnissen? Auch die geübtesten Gesundheits- und Fitnessprofis können bei Zutatenlisten und Nährwertangaben wichtige Dinge übersehen. Manche Hersteller haben raffinierte Methoden entwickelt, um ihre Zutaten durch Umbenennung oder verschönerte Namen in den Augen der Kunden aufzuwerten. Fruchtzucker klingt schön gesund, ist aber letztendlich nichts als Fructose und in seiner isolierten Reinform kein bisschen gesünder als Zucker. Greift da lieber direkt zum Obst und kauft stattdessen ungesüßte Produkte. Und falls es doch süß sein soll, sind Produkte mit gesünderen Alternativen wie Stevia oder Honig auf jeden Fall besser als Lebensmittel mit raffiniertem Zucker.
Davon einmal abgesehen gibt es noch eine andere Regel für die Gesundheit, die heutzutage vielleicht nicht modern und trendy klingt, aber bis heute eine gute Richtschnur für eine gesunde Ernährung ist. Die Regel lautet: wenn ein Produkt dutzende Zutaten enthält, die euren Großeltern komplett unbekannt wären, dann lasst im Zweifelsfall lieber die Finger davon oder seid euch zumindest der Tatsache bewusst, dass es sich hier wahrscheinlich nicht um ein besonders gesundes Produkt handelt.
Natürlich haben wir alle unsere Laster. In Maßen können auch stark verarbeitete Lebensmittel ihren Platz in einer ausgewogenen Ernährung finden. Die Entscheidung liegt immer bei uns. Jedoch sollten wir uns nicht vormachen, dass eine Packung Kekse oder ein Fruchtquark mit einer Zutatenliste, die sich über mehrere Zeilen hinzieht, eine Investition in unsere Gesundheit ist.
Eine gesunde Ernährung sollte auf möglichst naturbelassenen Lebensmitteln basieren. Frisches Obst und Gemüse, Fisch, Eier, natürliche Milchprodukte, sowie Kohlenhydrate aus Reis, Getreide, Kartoffeln und Süßkartoffeln. Gewürze, dunkle Schokolade (mit 70% Kakao oder mehr) sowie Tee und Kaffee (in Maßen) können ebenfalls zu einer gesunden Ernährung beitragen. Raffinierter Zucker sowie industrielle Pflanzenöle sind hingegen alles andere als gesundheitsförderlich. Stattdessen empfehlen wir, naturbelassene Süßungsmittel wie Honig, Stevia oder Rohrohrzucker in Maßen zu verwenden und auf kaltgepresste Öle wie etwa Olivenöl, Kokosöl, Kürbiskernöl und ähnliche Produkte zu setzen.
Eine gesunde Ernährung muss nicht langweilig und monoton sein. Vielfalt und Abwechslung sind von großer Bedeutung. Wenn ihr euch die Zeit nehmt, neue Nahrungsmittel kennenzulernen und frische Speisen zuzubereiten, werden euch viele der industriellen Produkte in absehbarer Zeit geradezu fade vorkommen, da sie entweder maßlos überzuckert oder übersalzen sind, von all den Geschmacksverstärkern einmal ganz zu schweigen.
Aber auch, wenn ein Produkt im Supermarkt als gesund beworben wird – haltet die Augen offen! Nicht überall, wo „gesund“ draufsteht ist auch Gesundes drin.